Sommerekzem

Sommerekzem

Sobald es wärmer wird und man die herrlichen, frühlingshaften Temperaturen genießen könnte, beginnt für manche Pferde und deren Besitzer auch die Leidenszeit. Mit den warmen Tagen werden auch die Insekten aktiv und machen manch einem Ekzemer und Allergikern das Leben schwer. Inzwischen weiß man zwar schon recht gut, was die wahren Ursachen für die Entwicklung dieser Erkankung sind, die Behandlung jedoch ist für manch einen Therapeuten und Tierbesitzer immer noch eine Herausforderung.

Definition und Symptome


Das Sommerekzem wird im Englischen "sweet itch" genannt, doch süß ist an diesem Juckreiz garantiert nichts. Die allergische Reaktion, die für das extreme Scheuerbedürfnis verantwortlich ist, führt dazu, dass viele Pferde quasi aus der Haut fahren wollen. Dabei ziehen sie sich oft offene Wunden zu, die sich im schlimmsten Fall zusätzlich entzünden können.

Beim Sommerekzem des Pferdes handelt es sich um eine Allergie gegenüber Speichelantigenen weiblicher, blutsaugender Mücken wie Gnitzen bzw. Kriebelmücken (Culicoides spp.) oder Wadenstecher (Stomoxys calcitrans). Es kommt durch die Stiche der Insekten zu entzündlichen Hautveränderungen (Schwellung, Rötung, Juckreiz), die vorwiegend an Kopf, Mähnenkamm, Kruppe, Schweifrübe und Bauchnaht lokalisiert sind. Der Juckreiz stellt dabei das Leitsymptom dar und führt zu ständigem Scheuern und damit häufig zu einer Verletzung der Haut mit u.U. sekundärer Keimbesiedelung, die letztlich nässende oder gar eitrige Ekzeme hervorruft. Durch das Scheuern verlieren viele Pferde einen Teil der Mähne und der Schweifhaare.

Diese klinischen Erscheinungen sind in Europa meist von Anfang März bis Ende Oktober (zum Teil auch bis November) zu beobachten, immer in Abhängigkeit vom Auftreten der verursachenden Mückenarten.

Ursachen und Formen


Ursache des Sommerekzems beim Pferd ist eine allergische Reaktion auf den Speichel bestimmter stechender Mücken und Fliegen. Dazu gehören: Gnitzen, Kriebelmücken, Stechmücken und Bremsen. Bei einem Stich gelangen Stoffe aus dem Speichel der Insekten sowohl in die Haut als auch ins Blut des Pferdes. Wenn die Pferde allergisch sind, kommt es zu einer Überreaktion des Immunsystems und einer Entzündung der Haut. Die Reaktionen können von Tier zu Tier sehr unterschiedlich ausfallen. Grundsätzlich kann jedoch jedes Pferd ein Sommerekzem entwickeln.

Die Mückenstiche erzeugen eine allergische Hautreaktion vom Typ-I, die bei den Pferden unterschiedlich stark ausgebildet sein kann. Betroffen sind Pferde verschiedenster Rassen, unterschiedlichen Alters und Geschlechts, besonderes jedoch Kleinpferderassen, v.a. Isländer. Es besteht zudem eine genetische Disposition.

Insbesondere an feuchtwarmen Tagen vermehren sich die Gnitzen besonders schnell und sind gleichzeitig auch sehr aktiv, so dass die Krankheitserscheinungen vor allem im Frühjahr mit Beginn der warmen Witterung und im Verlauf des Sommers auftreten (daher der Name „Sommerekzem“). Allerdings sind die blutsaugenden Mücken bei starkem Wind nicht flugfähig und deshalb in bergigen und windigen Lagen nicht lebensfähig, so dass das Ekzem in einigen Regionen Deutschlands nicht vorkommt. So erkranken die Pferde vor allem in Gegenden mit schwülen, warmen und windarmen Wettern.

Die Hauptaktivität des Insekts liegt in den Abendstunden (Dämmerungsmücken). Während dieser Zeit werden die Pferde von den blutsaugenden Weibchen besonders stark belästigt. Aber auch am frühen Morgen, von vier bis sieben Uhr, ist mit verstärkter Stechaktivität der nur einen Millimeter großen Mücken zu rechnen. Culicolides-Mücken fliegen normalerweise nicht sehr weit, so dass vor allem die in unmittelbarer Nähe geschlüpften Mücken die Pferde belästigen. Im Stall sind sie, wenn überhaupt, nur vereinzelt zu finden. Ihr primärer Aufenthaltsort ist das Freiland. Durch die Verbreitung von artgerechten Haltungsbedingungen, d. h. ganztägige Weidehaltung und geringe Aufenthaltszeiten im Stall, treten auch bei Großpferden immer mehr Fälle mit Sommerekzem auf, so dass diese Erkrankung in der Pferdehaltung mittlerweile weltweit ein allgemeines Problem geworden ist.

Diagnose


In der Praxis wird die Diagnose Sommerekzem hauptsächlich anhand der typischen, saisonal auftretenden Symptomatik in Zusammenhang mit einer ausführlichen Anamnese gestellt. Hierbei ist zu beachten, dass Insektenstiche zwar bei jedem Pferd Irritationen hervorrufen, aber nicht alle Pferde eine allergische Reaktion bzw. Hypersensibilität entwickeln. Als krankhaft ist nur eine gesteigerte Immunreaktion auf die Stiche anzusehen. Das heißt, dass auch gesunde Pferde im Sommer Juckreiz und einige abgescheuerte Haare aufweisen können, wenn sie unter starkem Insektendruck gehalten werden. Zusätzlich können verschiedene Allergietests (z.B. der Intrakutantest, der Equine CAST-Test oder der FIT-Test) zur genauen Abklärung durchgeführt werden. Alle diese Tests haben spezifische Vor- und Nachteile, ferner können häufig auch falschpositive als auch falschnegative Ergebnisse vorkommen.

Therapiemöglichkeiten


Um Allergien zu behandeln, ist es wichtig, den Auslöser so gut wie möglich zu meiden. Leider ist das nicht immer so einfach umzusetzen, aber je weniger das Pferd Mücken ausgesetzt ist, desto stressfreier werden Frühling und Sommer (und sogar der Herbst, denn bis Oktober können mittlerweile die klinischen Ausprägungen des Sommerekzems auftreten). Auch kleine Veränderungen wie Fliegengitter oder Mückennetze können für das Tier bereits eine enorme Milderung bringen.

Obwohl das Sommerekzem bereits um 1840 das erste Mal beschrieben wurde und schon seit langem intensiv untersucht wird, gibt es bis heute nur wenige therapeutische Ansätze gegen die Erkrankung. In den letzten Jahren wurde die Spezifische Immunotherapie in einigen Studien bei Pferden mit Sommerekzem untersucht. Man geht davon aus, dass der bisher begrenzte Therapieerfolg darauf zurückzuführen ist, dass bisher keine hochreinen Allergene zur Verfügung stehen. Aus diesem Grunde kommt bis heute den prophylaktischen Maßnahmen zur Verminderung der Allergenexposition wie z.B. der Optimierung der Haltungsbedingungen, dem Aufstallen der Pferde zu den Flugzeiten der Culicoides oder dem Anlegen von Ekzemerdecken die größte Bedeutung zu. Wichtig für die Vorbeuge sind dabei auch die hygienischen Bedingungen. Feuchte, schlammige Paddocks mit Wasserpfützen und Kothaufen sind ideale Brutstätten für die Mücken. Die Beseitigung der Wasserpfützen und Kothaufen sowie die Schaffung von trockenen Weide- und Futterplätzen dämmen den Lebensraum der Mücken erheblich ein.

Ergänzend dazu kommen rein symptomatische Maßnahmen zur Anwendung bei entsprechend ausgeprägter Symptomatik. Zur Behandlung der erkrankten Haut werden dabei Antihistaminika verwendet. Beide Wirkstoffgruppen haben bekannte Nebenwirkungen, die vor allem dem Dauergebrauch von Kortison entgegenstehen.

Diese relative Hilflosigkeit gegenüber dem Ekzem ist ein regelrechter Nährboden für eine Fülle von obskuren Zubereitungen, die bei den Besitzern falsche Hoffnungen wecken. So gibt es eine ganze Reihe von „Spezialzubereitungen“, deren Zusammensetzung nicht immer bekannt ist und die ferner nur auf subjektiven Einzelaussagen beruhen. Daher sollte bei der Auswahl jeglicher Therapieansätze berücksichtigt werden, ob diese auch tatsächlich Studien-basiert sind.

Infokasten

Eine interessante Studie zum Einsatz von biologischen Präparaten wurde 1997 von Prof. Dr. med. vet. Heiner Sommer, damaliger Lehrstuhlinhaber des Instituts für Anatomie, Physiologie und Hygiene der Haustiere an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn, in der Tierärztlichen Umschau veröffentlicht.

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Im Rahmen dieser Veröffentlichung konnte er zeigen, dass bei 74% der getesteten Pferde (n =25) durch den kombinierten Einsatz von Apis mellifica C6, Arsenum jodatum C12 und Urtica urens C6 die Ausbildung eines Sommerekzems verhindert wurde.



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Ergänzend dazu zeigten 90% der geprüften Pferde (n = 30) nach Injektionen von Apis mellifica C6, Arsenum jodatum C12, Urtica urens C6 sowie Sulfur D30 eine z.T. deutliche Verbesserung der Sommerekzem-Symptomatik.


Weitere Infos dazu finden Sie in der Originalarbeit: Sommer H. (1997). Präventive und Therapie des Sommerekzems beim Pferd mit homöopathischen Mitteln. Tierärztliche Umschau, 52 (5), 271–274.

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